ADG Infoservice Arbeitsrecht 4/24

Inflationsausgleichsprämien-Anspruch

Unternehmen haben noch bis zum 31.12.2024 die Möglichkeit, ihren Mitarbeitenden eine steuer- und sozialabgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 EUR zu gewähren. Wichtig: Die Prämie muss zusätzlich zum regulären Lohn gezahlt werden und darf nicht mit bestehenden Leistungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld verrechnet werden. Um den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten, sollten Differenzierungen in der Auszahlung gut durchdacht sein. Weitere Informationen, wie Sie die Prämie rechtssicher gestalten, finden Sie hier.

I. Einführung

Noch bis Ende 2024 können Arbeitgeber zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise Zuschüsse oder Sachbezüge bis zu einem Betrag von insgesamt 3.000,00 EUR steuer- und sozialversicherungsfrei gewähren.

Die Inflationsausgleichsprämie ist Teil des sog. Dritten Entlastungspakets. Dadurch soll der Reallohnverlust bei den Arbeitnehmern, aber auch die erhöhten Gestehungskosten abgemildert werden.

Eine Ausgleichszahlung von Seiten des Staates erhalten die leistenden Unternehmen nicht.

Anspruch auf Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie

Arbeitgeber können ihren eigenen Arbeitnehmern gem. § 3 Nr. 11c EStG zwischen Oktober 2022 und dem 31.12.2024 insgesamt 3.000,00 EUR – auch in mehreren Teilzahlungen – zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn als Inflationsausgleichsprämie gewähren.

  1. Begünstigter Personenkreis

§ 3 Nr. 11c EStG begünstigt in persönlicher Hinsicht nur Leistungen des Arbeitgebers an seine eigenen Arbeitnehmer. Arbeitnehmer sind nicht nur Arbeitnehmer im eigentlichen Sinne, d. h. in Voll- oder Teilzeit beschäftigte Personen, sondern auch Auszubildende, geringfügig entlohnte Mitarbeiter sowie kurzfristig beschäftigte Mitarbeiter und Arbeitslohn beziehende (Gesellschafter-) Geschäftsführer. Von der Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie können auch Arbeitnehmer in Kurzarbeit, in Krankengeldbezug, in Mutterschutz, Elternzeit oder in einem Sabbatical profitieren. Es kommt nämlich allein auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses an und nicht auf eine Entgelt(fort-)zahlung.

  • Leistung zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn

Die Inflationsausgleichsprämie muss zusätzlich zu dem geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Sie darf nicht anstelle des Arbeitslohnes ausgezahlt werden. Denn sie ist eine im öffentlichen Interesse stehende private Sozialleistung des Arbeitgebers.

Auch eine Finanzierung im Wege einer Entgeltumwandlung ist unzulässig. Das bedeutet, Urlaubsgeld, das als solches nicht den erforderlichen Inflationsbezug aufweist, darf nicht in eine steuer- und sozialversicherungsfreie Inflationsausgleichsprämie umgewandelt werden.

Wird gegen das Zusätzlichkeitserfordernis verstoßen, sind die Zahlungen steuer- und sozialabgabenpflichtig.

  • Zusammenhang der Leistung mit der Inflation

Die Leistung muss zum Ausgleich der gestiegenen Verbraucherpreise gewährt werden. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist nicht erforderlich. Es genügt, dass die Prämie in einem sachlichen Zusammenhang mit der Preisentwicklung steht und sich der Zusammenhang zum Beispiel in Form der Bezeichnung „Inflationsausgleichsprämie“ aus der Gehaltsabrechnung oder aus dem Überweisungsträger ergibt. Der Arbeitgeber braucht die tatsächliche Betroffenheit des Arbeitnehmers von der Inflation nicht zu prüfen.

  • Sozialversicherungs- und Steuerfreiheit

Aufgrund der Ausgestaltung als grundsätzlich einmaliger Zuschuss gem. § 1 Abs.1 S. 1 N. 1 SvEV handelt es sich bei der Inflationsausgleichsprämie nicht um Arbeitsentgelt i.S.v. § 14 SGB IV. Das heißt, weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer müssen Sozialversicherungsbeiträge für die Inflationsausgleichsprämie entrichten.

Bei der Inflationsausgleichsprämie handelt es sich um einen steuerlichen Freibetrag, der unabhängig davon gilt, ob die Leistungen in Form von Zuschüssen oder aber Sachbezügen gewährt werden.

  • Freiwilligkeit – Arbeitsrechtlich zulässige Gestaltungsmöglichkeiten und Gleichbehandlung

Der Arbeitgeber kann die Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie an Bedingungen knüpfen und Differenzierungen für die Auszahlung vornehmen. Im Rahmen seines Entscheidungsspielraums hat er jedoch stets den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu wahren. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Damit verbietet er nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Das heißt, Arbeitnehmer müssen in einem Unternehmen gleichbehandelt werden, außer es besteht ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung.

Problematisch sind insbesondere Regelungen, die danach differenzieren:

  • wie bedürftig der Empfänger ist
  • welche Leistungsergebnisse ein Mitarbeiter erzielt
  • ob in Teil- oder Vollzeit etc. gearbeitet wird (sachgerecht ist es, Teilzeitbeschäftigten unter Beachtung ihrer Stundenzahl die Inflationsausgleichsprämie anteilig zu gewähren)
  • wie lange eine Person betriebszugehörig ist (die Zahlung kann aber von der zukünftigen Betriebstreue abhängig gemacht werden)
  • wie viele Krankheitstage eine Person aufweist.

Die Inflationsausgleichsprämie soll nach ihrer Zielsetzung ja gerade nicht die Betriebstreue, Anwesenheitszeiten oder gute Leistungen belohnen, sondern die mit der Inflation einhergehenden höheren Kosten ausgleichen.

Unzulässig sind immer Regelungen, die gegen die in § 1 AGG genannten Merkmale verstoßen.

Rechtlich unbedenklich sind allein zwei Auszahlungsfälle. Zum einen ist es rechtlich unbedenklich, wenn allen Arbeitnehmern ein gleich hoher Betrag zugewendet wird. Zum anderen ist unkritisch, wenn der Arbeitgeber keinem Arbeitnehmer eine Prämie auszahlt.

  • Pfändbarkeit

Die Inflationsausgleichsprämie unterliegt den allgemeinen Regelungen der ZPO über die Pfändbarkeit von Arbeitseinkommen. Das heißt, sie darf in den Grenzen des § 850c ZPO gepfändet werden.