Arbeiten unter Palmen? Klingt nach Freiheit – bringt aber einige rechtliche Fallstricke mit sich. Damit Workation wirklich zum Benefit wird, braucht es klare Regeln und eine gute Vorbereitung. Der aktuelle Infoservice zeigt, worauf es ankommt – von Sozialversicherung über Steuerfragen bis zum Datenschutz.
I. Einleitung
Der Begriff „Workation“ setzt sich zusammen aus Arbeit (work) und Urlaub (vacation). Workation beschreibt eine Form der Arbeit, bei der sich Arbeitnehmer an einem anderen (Urlaubs-) Ort befinden, um dort seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Somit ist Workation eine Form des mobilen Arbeitens, bei der Beschäftigte seinen Arbeitsort selbst bestimmen und die Arbeit mit einem Urlaub kombinieren darf. Die Idee dahinter ist, den Arbeitsplatz vorübergehend an einen angenehmeren Ort zu verlegen, um Beruf und Erholung miteinander zu verbinden.
Nicht gemeint ist damit, dass eine Geschäftsreise bewusst durch Freizeit ergänzt wird. Arbeitnehmer hängen manchmal an die Geschäftsreise entweder am Ende Tage dran oder reisen früher an. Der anerkannte Begriff dafür ist „Bleisure“ („Business“ + „Leisure“). Das ist aus arbeitsrechtlicher Sicht etwas grundlegend Anderes als Workation.
Hierbei stellen sich eine Vielzahl rechtlicher Herausforderungen, insbesondere im Bereich des Arbeits-, Sozialversicherungs-, Aufenthalts- und Steuerrechts. Die rechtliche Komplexität steigt je nach geplantem Reiseziel. Am einfachsten lässt sich Workation innerhalb von Deutschland umsetzen. Schwieriger wird es im EU-Ausland und vor allem in Drittstaaten.
Der größte Vorteil liegt darin, ein attraktives Unternehmensumfeld für die Beschäftigen zu schaffen, um diese stärker an das Unternehmen zu binden. Es handelt sich letztlich um eine Möglichkeit zur Förderung der „Work-Life-Balance.“ Wesentliche Nachteile sind der erhöhte administrative Mehraufwand sowie die geringeren Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers.
II. Rechtliche Risiken
1. Anspruch auf Workation bzw. Zustimmungspflicht des Arbeitgebers?
Ohne arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarung gibt es keinen Anspruch auf Workation. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitsvertrag Remote Work beziehungsweise Homeoffice vorsieht.
Stimmt der Arbeitgeber einer entsprechenden Anfrage des Arbeitnehmers nicht zu, darf dieser also nicht „einfach so“ verreisen. In diesem Fall könnte er vom Arbeitgeber abgemahnt oder schlimmstenfalls gekündigt werden.
Sollte sich der Arbeitgeber dazu entscheiden, eine Workation zu ermöglichen, sollte in jedem Fall eine begleitende vertragliche Regelung getroffen werden.
Beim Arbeiten im Ausland sollten schon aufgrund von § 2 Abs. 2 NachwG folgende Inhalte mit in eine Vereinbarung aufgenommen werden:
- Dauer der Tätigkeit im Ausland
- Erreichbarkeit des Arbeitnehmers (vor allem bei Zeitverschiebung)
- Widerrufs- und Beendigungsmöglichkeit der Auslandstätigkeit
- Kostenregelungen
- Ob und welche technische Ausstattung dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird
- Unter welchen Umständen der Arbeitnehmer vorzeitig auf Weisung des Arbeitgebers zurückkehren soll
- Datenschutzrechtliche Aspekte
2. Anwendbares Recht
Die Frage nach dem anwendbaren Recht stellt sich immer dann, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit im Ausland erbringen möchte.
Bei fehlender Rechtswahl ist der gewöhnliche Arbeitsort maßgeblich (Art. 8 Abs. 2 Rom I-Verordnung). Wird nur wenige Wochen im Ausland gearbeitet, gilt weiterhin deutsches Arbeitsrecht, da sich der „gewöhnliche Arbeitsort“ des Arbeitnehmers nicht ändert. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitnehmer mehr als die Hälfte der Arbeitstage im Jahr aus einem anderen Land heraus arbeitet; dann gilt grundsätzlich das Arbeitsrecht des anderen Landes.
Es sollte aber bei einer – wenn auch nur kurzen – Tätigkeit im Ausland ausdrücklich geregelt werden, dass deutsches Arbeitsrecht Anwendung findet. Idealerweise wird dies in der entsprechenden Zusatzvereinbarung oder aber auch im Tarifvertrag klargestellt.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass selbst im Falle einer vertraglichen Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts stets auch zwingende Rechtsvorschriften des Ziellandes, wie z.B. Arbeitsschutzvorschriften, Anwendung finden. Dies betrifft vor allem die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften (einschließlich Regelungen zur Höchstarbeitszeit) sowie im Ausland geltende Feiertage, soweit an diesen nicht gearbeitet werden darf.
Zudem ist bei „Workation“ im EU-Ausland zu prüfen, inwieweit die sich aus der nationalen Umsetzung der europäischen Entsenderichtlinie ergebenden Mindestarbeitsbedingungen zu berücksichtigen sind.
3. Sozialversicherungsrecht
In sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht sieht die Verordnung VO (EG) Nr. 883/2004, die bei grenzüberschreitender Tätigkeit innerhalb der EU-Mitgliedstaaten, der EWR-Staaten und der Schweiz gilt, vor, dass Personen, die innerhalb dieser Staaten grenzüberschreitend arbeiten, dem System der sozialen Sicherheit nur eines Staates unterworfen werden (sollen).
In diesem Gebiet ist ein Arbeitnehmer grundsätzlich in dem Staat sozialversicherungspflichtig, in dem er seine Arbeitsleistung erbringt (sog. Beschäftigungslandprinzip). Das würde bei Workation allerdings dazu führen, dass der Arbeitgeber ggf. in mehreren Ländern sozialversicherungspflichtig ist.
Eine Ausnahme gilt seit dem 01. Juli 2023 jedoch dann, wenn eine „Entsendung“ im Sinne des EU-Rechts vorliegt. Erbringt ein Arbeitnehmer für seinen deutschen Arbeitgeber bis zu 49,99 % der Gesamtarbeitszeit im EU-Ausland (grenzüberschreitendes HomeOffice), verbleibt er demnach auf Antrag im deutschen Sozialversicherungssystem. Die Zeit der Workation wird im sozialversicherungsrechtlichen Sinne der „Entsendung“ gleichgestellt. Dieser Antrag auf die sogenannte „A1-Bescheinigung“ kann maximal für 24 Monate gestellt werden und muss anschließend verlängert werden.
Bei Drittstaaten ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit sozialversicherungsrechtliche Aspekte für diesen Staat gelten.
4. Steuerrecht
In steuerlicher Hinsicht droht dem Arbeitnehmer eine Doppelbesteuerung, also die Einkommenssteuerpflicht im In- und Ausland.
Das Einkommen des Arbeitnehmers wird grundsätzlich in dem Staat besteuert, in dem er seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat (sog. Ansässigkeitsortsprinzip). Jedoch wird bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Ausland regelmäßig das Besteuerungsrecht des (ausländischen) Tätigkeitsstaates ausgelöst (sog. Tätigkeitsortsprinzip). Aufgrund diesen beiden Prinzipen, droht daher grundsätzlich eine Doppelbesteuerung.
Deutschland hat deswegen mit vielen Ländern Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, um eine etwaige Doppelbesteuerung zu verhindern.
Danach gilt das Tätigkeitsortprinzip nicht, wenn der Arbeitnehmer den größeren Teil des Jahres in Deutschland tätig ist. Eine kurzfristige Tätigkeit bis maximal 183 Tage pro Jahr im Home-Office im Ausland (Workation) hat daher in der Regel keine Auswirkung auf die Verpflichtung eines inländischen Arbeitgebers zum Lohnsteuerabzug („183-Tage-Regel“).
Eine zeitlich darüber hinausgehende Beschäftigung im ausländischen Home-Office (also bei Fernarbeit) hat hingegen Auswirkungen auf die Verpflichtung des inländischen Arbeitgebers bspw. hinsichtlich des Lohnsteuerabzugs, da der Arbeitnehmer im Ausland steuerlich ansässig gilt. Sofern der Arbeitnehmer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, kann diese Pflicht daher auch parallel für beide Länder bestehen.
Ein weiteres Risiko besteht für Arbeitgeber darin, ungewollt im steuerrechtlichen Sinne eine Betriebsstätte im Ausland zu begründen. Ab wann von einer Betriebsstätte auszugehen ist, richtet sich nach dem jeweiligen ausländischen Steuerrecht, wobei die Dauer der Auslandstätigkeit regelmäßig eine nicht unerhebliche Rolle spielen wird. Fest steht jedoch, dass sich bei Bestehen einer Betriebsstätte im Ausland, steuerrechtlich unerwünschte Folgen bspw. hinsichtlich etwaiger Körperschafts- und Gewerbesteuer ergeben können.
5. Aufenthaltsrecht
EU-Staatsangehörige können aufgrund des Freizügigkeitsabkommens ohne Einschränkungen innerhalb der Mitgliedstaaten der europäischen Union (EU) reisen, sich dort aufhalten und arbeiten. Für eine Workation im EU-Ausland ist daher weder ein Visum noch eine Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis erforderlich. Unter Umständen müssen Sie sich jedoch – insbesondere bei einem längeren Aufenthalt – bei der Gemeinde oder dem Ausländeramt vor Ort anmelden.
Sollen Drittstaaten bereist werden, muss sich im Vorfeld über die jeweiligen Einreise- und Aufenthaltsbedingungen informiert werden. Zudem bedarf es eventuell zusätzlich einer Arbeitserlaubnis.
6. Arbeitszeitgesetz und Workation
Bei einer Workation oder zeitlich begrenzten Home-Office-Tätigkeit aus dem Ausland gelten weiterhin die Regelungen des deutschen Arbeitszeitgesetzes (siehe Abschnitt zum anwendbaren Recht). Es gilt daher auch hier, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich nur während seiner Arbeitszeiten erreichbar sein muss.
Da der Arbeitgeber die tatsächliche Arbeitszeit nur schwer überwachen kann, ist der Arbeitnehmers – nach Anweisung durch den Arbeitgeber – zur eigenständigen Dokumentation der Arbeitszeit verpflichtet. Dies ist von besonderer Bedeutung, da der Arbeitgeber ansonsten grundsätzlich selbst die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes zu beweisen hat.
7. Grundvoraussetzungen des Arbeitsplatzes im Ausland
Zudem sollte der neue Arbeitsplatz der Workation bestimmte Kriterien erfüllen. Sie sind abhängig vom Zudem sollte der neue Arbeitsplatz der Workation bestimmte Kriterien erfüllen. Sie sind abhängig vom Tätigkeitsbereich und der Branche des Unternehmens. Daher eignet sich beispielsweise nicht immer der Strand oder ein Café für die Workation. Hier besteht ein besonders hohes Risiko zur Offenlegung vertraulicher Daten oder Betriebsgeheimnisse.
Insgesamt sollte der Arbeitsort der Workation mindestens folgende Punkte erfüllen:
- Eine angemessene Arbeitsumgebung (Lautstärkepegel, Datenschutz von Geschäftsgeheimnissen usw.),
- ergonomische Ausstattung des Arbeitsplatzes (Tisch und Stuhl, Beleuchtung, Lüftung etc.),
- und eine stabile Internetverbindung (z. B. für Video-Calls mit Kollegen oder der Benutzung von internetabhängiger Software).
Gerade in größeren Städten gibt es zudem sog. Crowdworking-Spaces. Sie richten sich primär an Beschäftigte im mobilen Arbeiten und können für bestimmte Zeiträume als Arbeitsplatz angemietet werden.