Forum Personal 2023

Arbeitgeberattraktivität im Wandel: Die kleinen Hebel mit großer Wirkung

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Das „22. Forum Personal“ der Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG) war ein dringend benötigter Impuls für einen Bereich, der sich inmitten einer beispiellosen Herausforderung befindet. Unter dem Thema „Den Fachkräftemangel meistern – Mitarbeiter finden, binden und entwickeln“ versammelten sich auf dem Campus Schloss Montabaur 100 HR-Experten aus der Genossenschaftlichen FinanzGruppe, um die drängenden Probleme zu erörtern.

Schon zu Beginn des Forums machte Peter Rausch, Vorstandsmitglied³ der ADG, in seiner Begrüßung die aktuellen Herausforderungen für HR deutlich. In der sogenannten „Crunchtime“ werden im Zuge des Arbeitnehmermarktes Unternehmen dazu buchstäblich gezwungen, in die Ausbildung ihrer Talente zu investieren, doch allzu oft verließen diese Talente das Unternehmen bald wieder. „Die Arbeitgeberangebote sind zum Teil wahnsinnig verlockend, was die Aufgabe, qualifizierte Mitarbeiter zu halten, für einen HR-Manager zu einer ambitionierten Herausforderung werden lässt“, so Rausch.

Rausch betonte zudem den Engpassfaktor Personal und die Tatsache, dass fast vier von zehn Mitarbeitern in Erwägung ziehen, den Arbeitgeber zu wechseln. Dies birgt ein erhebliches Personalrisiko, das es zu bewältigen gilt. Hinzu kommt der wachsende Druck auf die Gehälter.

Die Agenda des Forums spiegelte diese Herausforderungen wider und legte den Fokus auf vier zentrale Themen im Personalmanagement: Bindung, Bildung und Entwicklung, Arbeitgebermarke und Personalmarketing sowie Rekrutierung.

Neuer Führungsstil als Spiegel der Gesellschaft

In diesem Kontext präsentierte Prof. Dr. Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability (IBE), wie Unternehmen trotz dieser Herausforderungen durch geschickten Einsatz kleiner Hebel eine große Wirkung erzielen können. Die Arbeitswelt steht vor einer gewaltigen Veränderung, da die Baby-Boomer-Generation in großen Kohorten das Arbeitsleben verlässt. Prof. Dr. Jutta Rump betonte die Bedeutung, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um Mitarbeiter zu halten, insbesondere in Anbetracht der zahlreichen Verlockungen auf dem Arbeitsmarkt. Sie hob hervor, dass die Erwartungen der verschiedenen Generationen an die Arbeit und das Arbeitsleben erheblich variieren, von Leistungsorientierung bis hin zur Vorstellung von Hierarchie.

Prof. Dr. Jutta Rump verdeutlichte, welche Maßnahmen zur Arbeitgeberattraktivität beitragen.

Die jüngeren Generationen, vornehmlich Millennials und Gen Z, legen verstärkten Wert auf Spaß und Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit. Die klassische Hierarchie hat für sie an Bedeutung verloren, während Fachlichkeit und Sozialkompetenz weiterhin geschätzt werden. Die Erziehung und gesellschaftlichen Trends spielen hierbei eine wichtige Rolle, da sie die Erwartungen und Einstellungen der Mitarbeiter beeinflussen. Prof. Dr. Rump verdeutlichte:
„Wir müssen ehrlich sein… während ich von meiner Geburt an gelernt habe, Hierarchien zu akzeptieren, ist unser Erziehungsstil heute ein ganz anderer: Wir beteiligen unsere Kinder an der Urlaubsplanung, wir tun alles dafür, dass sie sich weiterentwickeln und leben einen demokratischen Führungsstil vor. Dann müssen wir uns nicht wundern, dass sie in Unternehmen genauso geführt werden wollen.“

Prof. Dr. Jutta Rump betonte, dass Unternehmen heute gefordert sind, Mitarbeiter stärker in Entscheidungsprozesse einzubeziehen und Führung in dieser neuen, zeitgemäßen Art zu praktizieren. Jedoch gehe es nicht darum, jüngeren Generationen alles möglich zu machen. Schließlich sind in Teams nicht nur jüngere Mitarbeitende vertreten, und es ist wichtig zu bedenken, wie sich ältere Mitarbeiter fühlen, wenn sie nicht ausreichend berücksichtigt oder in den Hintergrund gedrängt werden. Diese beiden Perspektiven müssen ausbalanciert werden.

Zeit als zweite Währung

Mit dem Generationenwechsel und dem drohenden Fachkräftemangel steht nicht nur der Arbeitsmarkt, sondern die gesamte Arbeitskultur auf dem Prüfstand. Hier hob Prof. Dr. Rump einen alarmierenden Aspekt hervor: die Zeit. In einer Ära, in der Zeit zur zweiten Währung geworden ist, müssen Unternehmen sich fragen, ob sie diese Währung zu schätzen wissen. „Würden Sie einen Arbeitgeber suchen, der erkennt, dass Zeit eine zweite Währung ist, oder würden Sie sich für einen Arbeitgeber entscheiden, der in der Vergangenheit verhaftet ist?“, provozierte Prof. Dr. Rump.

Die Zukunft erfordert, dass Unternehmen ihre Mitarbeiterbindung und -gewinnung strategisch angehen. Sie müssen die Bedürfnisse der verschiedenen Generationen verstehen und gezielte Maßnahmen ergreifen, um attraktiv zu bleiben. Die Arbeitswelt verändert sich rasch und Unternehmen müssen flexibel und effizient sein, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die Hebel zum Erfolg: Realismus und Selbstbewusstsein

Die Hebel, um Arbeitgeberattraktivität zu steigern, sind vielfältig und reichen von flexiblen Arbeitszeiten bis zur Schaffung eines attraktiven Arbeitsumfelds. Als konkrete Attraktivitätsfaktoren nannte Prof. Dr. Rump:

  • Freude an der Arbeit
  • Partizipation
  • Informiert sein
  • Glaubwürdigkeit
  • Sicherheit
  • Reputation
  • Nachhaltigkeit
  • Gutes Miteinander/Wertschätzung
  • Geld
  • Zeit/Balance
  • Purpose

Wichtig jedoch: Unternehmen sollten beim Umwerben von Mitarbeitenden realistisch sein und nur das versprechen, was sie auch halten können. Auch ein selbstbewusstes „Nein, das geht bei uns nicht“ ist gerechtfertigt, muss aber begründet werden, wie Prof. Dr. Rump erklärte. Nur so können Unternehmen langfristig die besten Talente gewinnen und halten.

Ausgebucht: ADG-Vorstandsmitglied Peter Rausch sprach in einem vollen Veranstaltungszentrum über die aktuellen Entwicklungen im Bereich HR.