Erfolgskriterien von Bankvorständen
Dr. Hermann Högel, Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Bühlertal eG, hat sich in seiner Promotionsarbeit mit Erfolgskriterien für Vorstände von Genossenschaftsbanken beschäftigt. Sieben Jahre und 12.000 investierte Stunden in die im April abgeschlossene Promotion liefern erstaunliche Erkenntnisse: Der Dreiklang aus Ausbildung, Studium und Genossenschaftlichem Bankführungsseminar GBF führt zum besten Betriebsergebnis bei Bankvorständen. Sofern sie denn nicht zu alt sind…
Sie haben sich in Ihrer Promotionsarbeit mit der Frage beschäftigt, welcher Ausbildungsweg zum Erfolg als Bankvorstand führt. Warum hat Sie dieses Thema beschäftigt?
Dr. Hermann Högel: Um diese Frage zu beantworten, muss ich ein wenig ausholen. Als langjähriger Genossenschaftsbanker interessierten mich die Erfolgsfaktoren von Vorständen und die Überlebensfähigkeit von Banken. Nach 30 Jahren Berufserfahrung kam mir der Gedanke, dass die zentrale Rolle des Vorstands und die Eigenschaften der Vorstände dabei eine entscheidende Rolle spielen könnten. Mein Ziel war es, messbare und transparente Kriterien zu identifizieren, die den Erfolg beeinflussen. Dazu gehörten Aspekte wie Alter, Ausbildung, Erfahrung und Geschlecht. Das klingt vielleicht im ersten Moment einfach, aber die Tücken liegen im Detail. Denn wie misst man Erfahrung? Wie lässt sich Ausbildung operationalisieren? Diese Überlegungen haben mich zu einer detaillierten Analyse der Ausbildung von Bankvorständen geführt, einschließlich des GBF.
Ihre Forschung zeigt, dass Kandidaten mit einer dreiteiligen Ausbildung (Ausbildung, Studium, GBF) die besten Betriebsergebnisse erzielen. Wie können angehende Bankführungskräfte von dieser Kombination profitieren?
Ich möchte das Pferd von hinten aufzäumen: Welcher Ausbildungsweg führt zum geringsten Erfolg? Hier zeigt meine Untersuchung, dass Kandidaten mit Studium, die keine Bankausbildung oder das GBF absolviert haben, die geringste Performance aufweisen. Das hört sich zunächst paradox an, lässt sich aber erklären. Der Grund dafür liegt in ihrem Mangel an Bezug zur Basis. In einer Bankausbildung wird zweieinhalb Jahre praktisches Doing vermittelt. Dasselbe gilt für das GBF in Montabaur.
Die ideale Kombination für maximale Betriebsergebnisse besteht demnach aus einer Bankausbildung, einem betriebswirtschaftlichen Studium und dem GBF. Getoppt wird das nur durch eine zusätzliche Promotion, aber nur marginal. Was ich bei allen Ergebnissen jedoch betonen muss: Es handelt sich hierbei um Korrelationen, nicht um kausale Zusammenhänge. Dennoch zeigt sich klar: Neben der Bankausbildung sollte ein Studium – zum Beispiel VWL, BWL oder Bankenrecht – angestrebt werden und die Krönung ist das GBF.
Das Studium würde ich übrigens aus meiner Empfehlung heraus nebenberuflich machen. Das ist zwar deutlich anstrengender als ein Vollzeitstudium, aber so können Theorie und Praxis optimal miteinander verknüpft werden und die Gehaltseinbußen sind nicht so hoch.
Können Sie uns mehr darüber erzählen, welche Rolle das GBF in der Weiterentwicklung von Führungskräften in Genossenschaftsbanken spielt?
Die Themen und Herausforderungen im Bankalltag werden immer komplexer. Gleichzeitig leben wir in den Primärbanken vom täglichen Doing und diese vielschichtigen Themen können nicht mehr vollumfänglich in der Praxis erlernt werden. Das GBF bietet die Möglichkeit, diese Lücke zu schließen. In den 15 Wochen des GBF, die ich selbst im 419. absolviert habe, wurden Theorie und Praxis ideal miteinander verknüpft. So konnte ich mich als Führungskraft ideal weiterentwickeln.
Ihr Forschungsergebnis besagt jedoch, dass das GBF allein nicht ausreicht für erfolgreiche Vorstandsarbeit. Welchen Mehrwert liefert ein betriebswirtschaftliches Studium?
Grundsätzliche betriebswirtschaftliche Kenntnisse werden bereits in den weiterführenden Schulen und in der Ausbildung vermittelt, aber es sind nur grundsätzliche Kenntnisse. Die reichen nicht aus, um die zunehmende Komplexität in der Finanzbranche zu verstehen. Ein betriebswirtschaftliches Studium vermittelt weitergehende Kenntnisse, die für ein tieferes Verständnis und Gesamtbild erforderlich sind. Ob ein VWL- oder BWL-Studium die bessere Wahl wäre, das lässt sich durch meine Promotion nicht beantworten, das ließe sich jedoch noch erforschen.
Ihre Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Kandidaten zwischen 30 und 50 Jahren besonders geeignet sind für Vorstandsposten in Genossenschaftsbanken. Warum?
Lassen sie mich betonen, dass es Korrelationen und keine Kausalitäten sind. Ein 55-Jähriger muss keine schlechtere Performance abliefern. Aber die Korrelationen zeigen, dass die Altersgruppe zwischen 30 und 50 Jahren die besten Betriebsergebnisse erzielt. Dies könnte daran liegen, dass jüngere Kandidaten eine höhere Risikobereitschaft haben und dadurch bessere Ergebnisse erzielen. Sie wollen und müssen sich beweisen. Gleichzeitig belegt die Literatur, dass ältere Manager dazu neigen, Bewährtes zu bewahren, was sich negativ auswirken kann. Es gibt jedoch keine Kausalität. Zudem sollte auch die Anzahl der Vorstandsstellen in der Vergangenheit berücksichtigt werden. Es liegt die Vermutung nahe, dass Vorstände mit mehreren vorherigen Stellen nicht mehr schnell genug ihre PS auf die Straße bringen. Was aber auch wieder mit dem Alter zusammenhängt.
Wenn sich ein Aufsichtsrat als Entscheidungsgremium Kandidaten anschaut, sollte er sich neben dem Alter also auch die Anzahl der vorherigen Stellen anschauen, weil es Wechselwirkungen gibt. Und ungünstige Konstellationen können sich negativ potenzieren.
Wer heute eine Bank leitet, kommt kaum noch drum herum, ein Leben lang zu lernen. Wie hat sich die Finanzbranche in den letzten Jahren diesbezüglich verändert, und welche Rolle spielen Bildungsprogramme bei der Anpassung an diese Veränderungen?
Die Themen werden komplexer, und wir erleben eine erhöhte Taktzahl bei den gesetzlichen Änderungen. Bildungsprogramme, sei es durch Präsenzschulungen oder Webinare, sind entscheidend, um mit diesen Veränderungen Schritt zu halten. Es gibt ja auch die Möglichkeit von Inhouse-Schulungen, die ideal sind, um spezifische Fragen zu klären. Die sind besonders für kleinere Banken von Vorteil – wir machen davon selbst häufig Gebrauch.
Abschließend, welchen Rat haben Sie für angehende Bankführungskräfte, die sich auf den Weg in die Vorstandsebene machen?
Die Motivation hinter der Entscheidung, Vorstand zu werden, sollte klar sein. Deswegen, mein wichtigster Rat: Das „Warum“ sollte beantwortet sein, die eigene Motivation hinterfragt werden. Ist das geklärt, kann ich wirklich nur eine solide Grundausbildung empfehlen, bestehend aus Bankausbildung, Studium und GBF.
Man muss aber auch sagen: Aufgrund der rückläufigen Entwicklung von Genossenschaftsbanken gehören Vorstände ja zu einer eher aussterbenden Spezies. Wer also unbedingt Vorstand werden möchte, sollte flexibel und geduldig sein. Dennoch: Man wird zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein müssen. Es gehört also auch etwas Glück dazu.