Genossenschaftsbanken im Wandel

KI – ein Gamechanger im Bankensektor?

Beim 2. Forum Zukunft Genossenschaftsbank wurden die drängenden Fragen der Zeit diskutiert: Plattformökonomie und künstliche Intelligenz. Dr. Ralf Kölbach, Sprecher des Vorstands der Westerwaldbank eG, wagte einen Blick auf die volkswirtschaftliche Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Seine Einsichten lieferten nicht nur Einblicke in die aktuellen Herausforderungen, sondern boten auch Lösungsansätze für eine erfolgreiche Zukunft.

„Ich denke, dass KI eine Technologie ist, die die Welt und Volkswirtschaft wirklich nachhaltig ändern kann. Aktuell nähern wir uns ihr an, sind Teil der Veränderung, in zehn Jahren werden wir wissen, was es wirklich mit uns macht“ – Dr. Ralf Kölbach, Vorstand der Westerwaldbank eG brachte gleich zum Anfang seines Vortrags beim 2. Forum Zukunft Genossenschaftspunkt seine Prognose zu KI ins Plenum ein. Ähnlich wie die Dampfmaschine könnte sie die Welt auf Jahrzehnte verändern.

„Ist KI eine disruptive Innovation?“, fragte Kölbach und vermittelte, dass zumindest mit der derzeit dominierenden Anwendung ChatGPT sich KI eher als Beschleuniger für Produktentwicklung zeige und nicht selbst kreativ verändernd sei. Jedoch sei ChatGPT auch nur ein ganz kleiner Ast des KI-Baums.

Eine ganz klare Haltung zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz hat der Bankvorstand in Bezug auf die Produktivität. „Der Faktor Arbeit wird in der Zukunft immer mehr begrenzt durch die Demografie“, so Dr. Kölbach. „Wenn Unternehmen wachsen wollen, aber die Menschen fehlen, dann kann KI eventuell die Lücke schließen. Wir brauchen KI aus volkswirtschaftlicher Sicht!“ Zumindest könne KI in der Vor- und Nachbereitung von menschenorientierten Tätigkeiten entlasten (z. B. Daten sammeln und auswerten) und sie könne Freiräume zur Ausübung der Kernkompetenzen von Menschen schaffen.

Weltuntergang oder Paradies?

Mit Blick auf den Arbeitsmarkt prognostiziert Dr. Kölbach, dass viele Jobs besser ausgeführt werden können. Nach einer Analyse des World EconomicForum (WEC) von faz.net vom 10. Oktober 23 stand der Kreditsachbearbeiter an erster Stelle der Jobs mit dem höchsten Potenzial für eine Automatisierung durch KI. Dr. Kölbachs Einschätzung: KI wird viele Berufsbilder, ja, sogar ganze Branchen signifikant verändern. Viele Tätigkeiten werden ersetzt, manche Stellen werden verschwinden. Gleichzeitig jedoch, wird KI Menschen massiv von einfachen und redundanten Tätigkeiten entlasten. Und: Es werden neue Tätigkeiten und Stellen entstehen. „Wie immer in der Geschichte wird die Welt weder untergehen, noch wird eine neue Technologie das Paradies erschaffen“, ermutigte Dr. Kölbach. „Sehen wir die Chancen. Arbeit wird nicht verschwinden. Vermutlich werden sich die Menschen mittels KI vielmehr auf sinnstiftende Tätigkeiten fokussieren können.“

Mit Blick auf den Aspekt der Einkommensverteilung hingegen sieht der Vorstand der Westerwaldbank auch Risiken: Die Schere zu anderen Ländern könne noch größer werden, denn entwickelte Länder sind schneller in der Nutzung neuer Technologien. Es könne sogar soweit gehen, dass primär einfache Tätigkeiten, die in sich entwickelnden Ländern ausgeführt werden, durch KI substituiert und komplexe unterstützt oder erweitert würden. Hingegen können KI die Bildungsmöglichkeiten und damit perspektivisch den Wohlstand für die Menschen deutlich verbessern.

In Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit hielt Dr. Ralf Kölbach fest, dass Deutschland aufgrund der gut ausgebildeten Arbeitskräfte Gewinner im Wettrennen sein könnte und mittels KI enorme Produktivitätsfortschritte möglich seien. Die Politik, so scheine es, habe die Chancen erkannt und Deutschland sei durchaus gut positioniert. Dennoch mahnte Dr. Kölbach: „Wir können uns die ‚German Angst‘ nicht leisten!“

Einsatz von KI in der Finanzindustrie

In vielen Bankhäusern stellt sich gerade die Frage, wo KI künftig zum Einsatz kommen könnte. Dr. Kölbach nannte einige Felder, die zum Teil auch schon durch KI besetzt werden:

  • Smart Data/Datenmanagement
  • Avatar-basierte Beratung
  • Chat- und Voicebots in Service und Vertrieb
  • Fraud-Management (Datenanalyse)
  • Automatisierung des Handels
  • Portfoliostrategien entwickeln und anpassen
  • Krediteinzelfallprüfung/-entscheidung

Dr. Kölbachs Einstellung zu KI wurde deutlich: mehr Chancen als Risiken. KI kann vieles verbessern. Sie wirkt eher evolutionär als zerstörend und ist ein Grundpfeiler der nächsten Stufe der Digitalisierung, nämlich Automatisierung. KI – so der Referent – wird die Arbeits- und Lebenswelt nachhaltig verändern und auch einen Produktivitätsschub auslösen, weltweit. Gleichzeitig ist sie sehr gut mit den ESG-Kriterien verknüpfbar.

In der Westerwaldbank selbst wird KI vor allem im Prozessmanagement eingesetzt. Dr. Kölbach: „Man muss durchdenken, wo man sie einsetzen kann. Das gilt es auszubalancieren. Ich würde sie zum Beispiel nicht auf Kundenfeedbacks einsetzen. Aber ich glaube, mit KI verliert niemand etwas – ich sehe vielmehr insgesamt mehr Chancen als Risiken.“